30. März 2009

Endlich: Mehdorn streicht die Segel

Seit Helmut Kohl hat wohl keine Person des öffentlichen Lebens das Prinzip Aussitzen so stark zur Leitlinie seines Handels erhoben wie Hartmut Mehdorn. Um den Mann, der einst antrat, um die Bahn von einem Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge in einen börsenfähigen und renditeorientierten Logistikkonzern zu transformieren, war es ziemlich einsam geworden. Für die Regierung, die ihm scheinbar unerschütterlich den Rücken stärkte, ist er zum Sicherheitsrisiko geworden. Sogar seine Schmusegewerkschaft Transnet ist nach dem Wechsel ihren Ex-Chefs Norbert Hansen in den Bahn-Vorstand auf Distanz gegangen.
Mehdorn hinterläßt eine Spur der Verwüstung und einen Berg von Skandalen. Arbeitsplatzabbau, Service- und Streckenabbau, ein teilweise marodes Schienennetz und eine komplette Generation defekter ICE-Züge gehören zu seiner Hinterlassenschaft. Nur die Finanzmarktkrise konnte die wahnwitzigen Börsenpläne - hoffentlich für immer - stoppen. Daß unter seiner Führung die Mitarbeiter samt Kontaktpersonen in der Politik und in den Medien flächendeckend bespitzelt und die ihm nicht genehme Lokführergewerkschaft GDL behindert wurden, brachte das Fass jetzt zum Überlaufen.
Da kommt zunächst Freude auf, dass selbst ein autokratischer Herrscher wie Mehdorn erkennen mußte, dass seine Allmachtsphantasien an Grenzen stoßen. Doch was kommt danach? Hoffentlich eine Bahn, die sich auf ihre Kernaufgabe besinnt: Menschen und Güter sicher und zuverlässig von A nach B zu transportieren. Doch angesichts der politischen Verhältnisse ist zu befürchten, dass der Privatisierungswahn mit einer neuen Pappnase an der Bahn-Spitze nach einer kurzen Schamfrist wieder fröhliche Auferstehung feiert